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Aktiver Genesungsprozess? Willkommen bei Elysis!

„Sie hier!“ Trotz der, dem Älterwerden geschuldeten, Einbuße einiger Zentimeter bewegt Guy de Muyser immer noch seine stattliche Statur mit viel Energie, und sei es auch in einem Rollstuhl oder mithilfe eines Rollators. Diese fatalen Instrumente, ihm dienen sie als Trampolin. Mit seinen – gut verpackten – 95 Jahren funkeln seine Augen munterer denn je. Dieser Mann, der immer noch viel unterwegs ist, ehrenamtlich oder bei Empfängen, ist fest entschlossen, seine Gliedmaßen bald wieder vollumfänglich zu nutzen. Ironischerweise verdankt man diesem Riesen den Verzicht auf das Attribut „Groß“ im Titel des Hofmarschalls, eine Funktion, die er unter Großherzog Jean innehatte.

In den Gängen von Elysis erholt sich Guy de Muyser von einem ärgerlichen Bruch des Oberschenkelknochens. „Ich entdecke gerade diese viel zu diskrete Einrichtung und bin von der hohen Qualität meiner Betreuung mehr als überrascht. Ich muss Ihnen das alles erzählen!“. Glücklicherweise sind wir bei Elysis und brauchen kein Taxi: Wir treffen uns im Restaurant, wo die leckere Speisekarte lange gastronomische Exkurse bei einem guten Gespräch ermöglicht… oder auch umgekehrt. Drei-Sterne-Service inbegriffen. Und der Wein erst!

Elysis und die Geschichte

Am Tisch sitzen der Direktor von Elysis-Kirchberg, Frédéric Piromalli, ehemaliger Arbed-Mitarbeiter, Gustave Holpes (90 Jahre), ein Bewohner von Elysis, und der Ehrengast, Guy de Muyser, Jurist, Diplomat, Hoher Beamter, Professor … Thema unseres Gespräches sind eigentlich Pflege, Betreuung, Patientenerfahrung, „konstruktive“ Bemerkungen. Und doch ist es die Geschichte Luxemburgs, die sich hier entfaltet, mit zwei wichtigen Zeugen der vergangenen 70 Jahren. Sind sich die heutigen Politiker überhaupt bewusst, dass im Grunde genommen Arbed, dieses allmächtige Stahlunternehmen, das wirtschaftliche und diplomatische Geschehen in Luxemburg bis nach dem Ende des Zweites Weltkrieges steuerte? Unsere beiden Zeitzeugen wissen das sehr wohl. Gustave Holpes erzählt von seinen Einsätzen für Paul Wurth in Brasilien, Kanada, Tunesien … und Belgien. Als Fachmann für Hochöfen bereiste er die ganze Welt. Guy de Muyser berichtet von Moskau und dem Kalten Krieg. Die Gänge des Elysis erschaudern: So viele Erinnerungen bergen diese Mauern, in die ein jeder seinen Teil der Geschichte Luxemburgs einbringt.

Stress abbauen

Auch wenn man hier die Jahre mit Leben füllt, wie es so schön heißt, man ergänzt gleichzeitig das kollektive Gedächtnis von Elysis. Dennoch dreht sich in diesem Hause alles um Pflege, Therapie und Unterkunft. „Wenn man hierher kommt, steht man unter Stress, so Guy de Muyser. Man fühlt sich nicht sehr glücklich, spürt sein Handicap. Und dann stößt man unvermittelt auf qualifizierte und engagierte Menschen mit einem Lächeln im Gesicht. Ich war überwältigt von der außerordentlich warmherzigen Aufnahme in diesem Haus, im Vergleich zu anderen. Sie haben wunderbares Personal.“ „Und die Physiotherapeuten sind eine Klasse für sich, fügt Gustave Holpes hinzu. Ich habe weder Frau noch Kinder und ich habe mich nicht umsonst entschieden, hier zu bleiben: Die Atmosphäre ist einfach ideal.“

„Es stimmt, die Physiotherapeuten sind erstklassig, bestätigt Guy de Muyser. Sie sind sehr vorsichtig … manchmal fast übervorsichtig.“ „Sie tragen eine große Verantwortung, erklärt Frédéric Piromalli. Die Pflege muss einwandfrei sein. Daher ihre Vorsicht. Sobald sie sehen, dass sich die Dinge gut entwickeln, können sie etwas mehr Spielraum zulassen.“

A bâtons rompus, autour d’un bon verre.

Atmosphäre ist alles

„Ich wurde bereits an anderen Orten behandelt und bin wirklich sehr beeindruckt von der Qualität der Einrichtungen bei Elysis, fügt Guy de Muyser hinzu. Man sieht, dass das Haus viel Wert darauf legt.“ „Wir sind immer offen für Neuerungen, erklärt Frédéric Piromalli. Wir hören auch auf die Pfleger, und wir können es uns leisten, zu investieren, wenn es nötig ist. So haben wir beispielsweise mehrere Virtual Reality-Bildschirme angeschafft … mit diesen können wir Bewohner virtuell vor das Haus versetzen, in dem sie gelebt haben, oder sie mit auf die Reise nehmen, und ihnen so einen Augenblick der Entspannung verschaffen … Diese Workshops sind sehr nützliche Gedächtnistrainings.“ Indes schwärmt der ehemalige Hofmarschall von den Gärten: „Nirgendwo wird der Pflege von Blumenbeeten so viel Energie gewidmet wie hier. Und ich muss zugeben, als ich deprimiert hier ankam, war ich entschlossen, die Mahlzeiten auf meinem Zimmer einzunehmen. Dann bin ich hinuntergegangen. Ich habe die Atmosphäre getestet. Hier herrscht immer eine gesellige Atmosphäre, selbst wenn niemand redet.“

Mensch bleiben

Frédéric Piromalli verweist auf die „prothetische“ Berufung der Einrichtung: „Egal in welchen Zustand sich unsere Bewohner befinden, selbst bei höchster Pflegebedürftigkeit, wir sind immer da, um ihnen zu helfen, weiterzuleben. Nimmt die Pflegebedürftigkeit zu, wächst mit ihr auch die Prothese-Funktion unserer Einrichtung, aber immer mit dem gleichen Leitmotiv: Der Mensch muss Mensch bleiben und bis zum Ende über sein Leben bestimmen. „Die Behinderung entsteht eigentlich durch die Umgebung, bemerkt auch Frédéric Piromalli. Wenn man sich anpasst, verblasst auch das Gefühl eines Handicaps.“

Aufmerksam nimmt der Direktor die Bemerkungen des Genesenden zur Kenntnis: Funktionieren die Notfall-Armbänder immer einwandfrei? „Vielleicht ein Reset-Problem. Muss man klären.“ Und vor allem: „Es gibt kein Schwimmbad“, bemerkt Guy de Muyser, nun erst recht in Form. Die Bemerkung bleibt nicht ungehört. Diese Art von Einrichtung erfordert eine aufwendige Verwaltung, das Haus ist mit immer schwerwiegenderen Erkrankungen konfrontiert. Dennoch sollte darüber nachgedacht werden.

Köstliche Mahlzeit, konstruktives Arbeitstreffen: Wir trennen uns mit einem sehr guten Gefühl. Der ehemalige Botschafter wird heute Nachmittag eine bedeutende Persönlichkeit aus der akademischen Welt empfangen. Und morgen bereitet er sich auf ein Interview mit einem deutschen TV-Sender über Robert Schuman, ein Verwandter von ihm, vor. Wie sagten Sie noch, „aktiver Genesungsprozess“?