Sie schwebt lange in unseren Mauern, die Erinnerung an die Verstorbenen, die im Elysis gewohnt haben. In einem Pflegeheim muss man natürlich lernen, mit der Trauer zu leben. Aber eigentlich gewöhnt man sich nie richtig daran. In der allgemeinen Vorstellung mag das Verscheiden eines Hausbewohners wie ein natürliches Ende erscheinen, die Wirklichkeit ist jedoch viel komplexer: Die Gefühle des Menschen finden sich nicht mit kalten, simplen Gleichungen ab.
Im Elysis gehört das Ableben von Bewohnern zur Realität. Für unsere Mitarbeiter, die mit dem Verstorbenen gelebt, ihm zur Seite gestanden, ihm geholfen, ihn ermutigt, mit ihm gelacht, seinen Schmerz oder sein Leid mit ihm geteilt haben, bedeutet jedes Fenster, das sich schließt, eine Zerreißprobe. Auch mit seiner Familie haben sich mitunter sehr starke, lange und intensive Beziehungen entwickelt. Mit dem Ableben des geliebten Menschen findet diese intensive Beziehung ein jähes Ende. Und löst natürlich die Frustrationen aus, die damit einhergehen können, wenn man sich beruflich mit Pflege und Beistand befasst und sich das Motto, den Jahren mehr Leben zu schenken, zu eigen gemacht hat.
Ein Meilenstein im Trauerprozess
Seit 2012 veranstaltet Elysis, auf Anregung von Omega 90, der luxemburgischen Vereinigung zur Förderung der Palliativpflege und Trauerbegleitung, zweimal jährlich eine Gedenkzeremonie. Diese bewegende Veranstaltung ist darauf ausgerichtet, wieder Kontakt mit den Familien, die dies wünschen, aufzunehmen, und den Verstorbenen in seinem letzten Lebensumfeld in Erinnerung zu rufen. Für die Familien, aber auch für unsere Mitarbeiter, sind dies mittlerweile wichtige Meilensteine im Prozess der Trauer um einen geliebten Menschen.
In diesem Herbst fiel die Gedenkfeier für die zuletzt Verstorbenen etwas umfangreicher als gewöhnlich aus, da die Feier aufgrund der coronabedingten Einschränkungen mehrfach ausfallen musste. Gedichte, Lieder und Erinnerungen an die Verstorbenen vermischten sich zu einer dreisprachigen Gedenkfeier, bei der Kerzen für die Verstorbenen angezündet und den Familienmitgliedern, die sich zu einer Teilnahme an der Feier entschlossen hatten, eine Blume überreicht wurde. Nicht alle möchten uns wieder einen Besuch abstatten: Ein so persönlicher Trauerfall ruft nicht bei jedem die gleichen Gefühlsäußerungen hervor. Für die Familien, die sich ein letztes Mal mit uns gemeinsam erinnern möchten, ist dies eine sehr wichtige Veranstaltung. Die Zeremonie ist feierlich, aber gesellig und wird mit einem Gespräch bei einem kleinen Empfang abgeschlossen.
Für die Pflegekräfte geht es darum, den Kreis zu schließen
Delphine Diederich ist Physiotherapeutin im Elysis. Sie koordiniert die Zeremonien zusammen mit einem halben Dutzend Freiwilligen und unterstreicht, wie wichtig diese Augenblicke auch für das Personal sind. „Es ist wichtig für uns, die Familien wiederzusehen. In unserem Beruf ist es unmöglich, einen kalten, rein beruflichen Kontakt zu den Bewohnern zu haben. Dies wäre gegen die Natur. Unser Kontakt ist notgedrungen emotional, wir sprechen viel mit den Bewohnern, mit ihren Familienangehörigen oder anderen Personen aus ihrem Umfeld. Man hängt an den Menschen, an ihren Angehörigen. Dies umso mehr, als ganze Familien im Elysis wohnen: Ehepaare, Bruder und Schwester … Eine richtige Lebensgemeinschaft, mit allen Gefühlen, die damit einhergehen.“
„Ich habe mich für diese Gedenkzeremonie eingesetzt, weil ich es für wichtig halte, den Kreis zu schließen und einen Abschied mit einer positiven Note zu unterstreichen. Man kann einen Todesfall nicht einfach ignorieren. Wenn ein Bewohner uns für immer verlässt, hören wir oft mehrere Monate lang nichts von der Familie. Sie wiederzusehen, ermöglicht auch uns, loszulassen und die Trauer im Rahmen dieser Erinnerungsfeier gemeinsam zu verarbeiten.“
Auf allen Etagen erinnern Fotoalben an die Menschen, die dort gelebt haben.
„Wenn ich wüsste, dass ich dich heute vielleicht zum letzten Mal schlafen sehe, würde ich dich fest umarmen und dafür beten, Hüter deiner Seele sein zu können.“
„Wenn ich wüsste, dass dies die letzten Momente sind, in denen ich dich sehe, würde ich dir sagen, dass ich dich liebe, ohne dummerweise zu denken, dass du das ja ohnehin weißt.“
„Es gibt immer ein Morgen und das Leben gibt uns oft eine weitere Möglichkeit, die Dinge richtig zu machen. Sollte es sich aber irren und dies alles sein, was uns bleibt, möchte ich dir sagen, wie sehr ich dich liebe und dass ich dich nie vergessen werde.“
Worte von Gabriel Garcia Marquez, die den Teilnehmern der Gedenkfeier regelrecht aus der Seele sprachen.