Beruf oder Berufung? Manche Berufe fordern so viel persönliches Engagement und gehen einem so nah, dass sich diese Frage erst gar nicht stellt. Dies gilt vor allem, wenn diese Berufe ziemlich weit entfernt sind von denjenigen, die man gewöhnlich aus reinem Interesse ausübt. Der Beruf des Pflegehelfers bzw. der Pflegehelferin ist ohne eine aufrichtige und starke Motivation kaum vorstellbar. Für Sylvie Porté, die in bereits seit 25 Jahren ausübt, ist die Aufgabe nicht ohne Liebe zum Beruf und vor allem nicht ohne das unerlässliche Wohlwollen denkbar.
„Ich habe mich schon immer für paramedizinische Berufe interessiert. Meine drei Tanten arbeiteten als Pflegehelferinnen im Krankenhaus. Ich war sehr neugierig und liebte es, sie nachts zu begleiten, um ihnen bei ihrer Arbeit zuzusehen. Ich war damals 13-14 Jahre alt. Später habe ich während der Schulferien in der Geriatrieabteilung in Krankenhäusern gearbeitet. In meiner Vorstellung war alles, was mir die Möglichkeit gab, Menschen zu helfen, genau das Richtige für mich. Ich entschied mich für eine Ausbildung zur Pflegehelferin. Und nach deren Abschluss war es für mich selbstverständlich, mich um ältere Menschen zu kümmern.“
Als ob sie zu meiner Familie gehörten
„Ältere Menschen sind regelrechte Wörterbücher. In den Krankenhäusern hat man keine Zeit, sie kennenzulernen. In einem Pflegeheim wie Elysis erzählen sie einem ihr Leben, man lernt ihre Familien kennen. Es geht nicht nur um die Person an sich, sondern auch um ihr Umfeld. Manche Familien leiden sehr darunter, wenn sie einen Angehörigen einer Einrichtung anvertrauen müssen. Ich beruhige sie dann, zeige ihnen, wie wir uns um ihre Liebsten kümmern … Die Familien vertrauen uns ihr kostbares Gut an, und wie müssen alles daransetzen, sie bestmöglich zu begleiten. Ich kümmere mich um die Bewohner, als wären sie Teil meiner Familie. Ich habe also eine ziemlich große Familie“, schmunzelt Sylvie Porté. „Man darf sich natürlich nicht zu stark binden und muss eine gewisse Distanz wahren. Am Ende kennt man all ihre kleinen Gewohnheiten. In diesem Beruf darf man nicht unsensibel sein, man muss mit dem Herzen dabei sein“.
Auch Covid mit seinen entsprechenden Gesundheitsvorschriften konnten der Vertrautheit zwischen der Pflegerin und den Bewohnern keinen Abbruch tun: „Die Maske war keine Barriere. Sie erkennen uns sogar an der Stimme. Der persönliche Kontakt ist wichtig: Es beruhigt den Patienten, wenn er das Personal kennt.“
Immer im Kontakt mit den Bewohnern
Konkret beginnt die Arbeit der Pflegehelferin morgens mit der Körperpflege der Bewohner. Anschließend begleiten die Pflegehelfer(innen) die Pensionäre an den Frühstückstisch und helfen ihnen, je nach Zustand, bei der Fortbewegung, beim Hinsetzen aber auch beim Essen. Nach dem morgendlichen Aufräumen folgt das Mittagessen, dann das Mittagsschläfchen und die Begleitung derjenigen, die sich umziehen müssen. Das Abendessen bildet in der Regel den Abschluss des Tages. Natürlich wird auch der Blutdruck kontrolliert, Medikamente werden verteilt usw.
Jeder wird entsprechend seinen Fähigkeiten aufgewertet
Sylvie Porté, die auch in anderen Einrichtungen gearbeitet hat, kann die Qualität der Betreuung im Hause Elysis gut einschätzen. Hier gibt es keine Massenabfertigung, keine Gesten, die aus Rentabilitätsgründen beziffert werden. „Die Betreuung ist sehr gut. Uns werden umfangreiche Mittel zur Verfügung gestellt. Wir haben viele Fortbildungen, auf jeden Fall mehr als in Frankreich, wo ich auch gearbeitet habe. Bei unserer Arbeit setzt sich der Teamgeist immer durch: Jeder trägt seinen Teil zum Ganzen bei. Es ist wirklich dieser multidisziplinäre Aspekt, den ich sehr schätze. Wir werden alle entsprechend unseren Fähigkeiten aufgewertet. Nein, ich hatte nie das Gefühl, dass ich oder jemand anderes als „untergeordnete Krankenschwester“ angesehen wurde.“
„Ich suchte nach der versteckten Kamera“
Sylvie ist seit 25 Jahren als Pflegehelferin tätig und kam 2008 nach Luxemburg. „Ich habe hier so viel gelernt! Besonders über die Betreuung von Menschen mit einem kognitiven Defizit. In der Praxis versteht man das alles besser als in der Theorie. Die Betreuung von sogenannten „dementen“ Menschen ist schwierig, physisch und psychisch. Aber ich behalte immer einen wichtigen Grundsatz im Auge: Wir müssen uns an sie anpassen, nicht umgekehrt! Das gilt für alle unsere Patienten.“
„Es ist auch wichtig, sich regelmäßig in Frage stellen zu können. Ich selbst tue das vor allem bei jungen Leuten, die gerade die Schule verlassen haben: Sie sind für mich eine große Bereicherung. Aber ich lerne von vielen Leuten: Physiotherapeuten, Krankenpflegern … In unserem Beruf darf man nie gestresst sein: Unsere Patienten spüren das! In Bereichen wie unserem könnte ein Mangel an Personal sehr schnell schlimme Folgen haben; wir haben das gesehen bei den unglücklichen Fällen, die vor Kurzem in Frankreich aufgedeckt wurden. Bei uns werden solche Fehlentwicklungen durch ein angemessenes Management vermieden. Als ich hier ankam war ich vom Personal-Patienten-Verhältnis sehr überrascht. Ich suchte nach der versteckten Kamera, da ich aus einer Einrichtung kam, in der 3,5 Pfleger für 62 Patienten zuständig waren! Covid hat die Dinge leider noch sehr viel komplizierter gemacht, weil die Teams aufgrund der Isolierungen zusehends schrumpften. All das war nicht so ohne. Wir alle hoffen, dass wir bald wieder unter entspannteren Bedingungen arbeiten können, und unser ganzes Potenzial für die Pflege in multidisziplinären Teams ausschöpfen können.“
Ohne Motivation, kein Pflegehelferberuf
Beruf oder Berufung? „Diesen Beruf, das dürfte klar sein, sollte man nur ergreifen, weil man Lust dazu hat, und nicht, weil sich nur mal eine gute Gelegenheit geboten hat!“
Die wichtigsten Eigenschaften? „Dynamisch und an vielen Stellen einsetzbar sein! Man muss alles können. Friseurin, Masseuse. Berührung ist sehr wichtig, vor allem bei Menschen, die nicht sprechen. In unserem Beruf spielt Beobachtung eine wesentliche Rolle. Unsere Patienten drücken ihr Leiden oder ihre Gefühle nicht immer aus. Aber wir müssen versuchen, sie wahrzunehmen!“ Unter diesen Umständen wirkt enge Verbundenheit manchmal Wunder. Ihre schönste Erinnerung? „Eines Tages hat mir eine demente Dame nach meiner Rückkehr aus dem Urlaub gesagt: „Ah, endlich bist du wieder da!“ Und auch wenn jemand bei einem Spaziergang meine Hand ergreift, dann habe ich wirklich das Gefühl, dass meine Anwesenheit wichtig ist!“
Was sie von einem Pflegehelfer erwarten würde, wenn sie selbst eines Tages in einem Pflegeheim untergebracht wäre? „Dass er wirklich an mich und an mein Wohlbefinden denkt“.